Florian Speer
Ausländer im 'Arbeitseinsatz' in Wuppertal
Zivile Arbeitskräfte, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg



Herausgeber:
Der Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal
- Dezernat für Kultur, Bildung und Sport
- Stadtbetrieb Historisches Zentrum.

Erschienen: Wuppertal 2003
636 + XII Seiten, 138 Abbildungen und Zeichnungen, Preis 36,- €.
ISBN 3-87707-609-2


ausschließliche Bezugsquelle für den Buchhandel:
Stadtarchiv Wuppertal, Friedrich-Engels-Allee 89-91, 42285 Wuppertal, Tel.: 563-6623


   Inhaltsverzeichnis

   Leseproben

   Rezension Volkmar Wittmütz
   (ZBGV Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins Bd. 99)

   Rezension Horst A. Wessel
   (H-Soz-u-Kult, Internetrezension)

   Rezension Ralf Rogge
   (Geschichte im Wuppertal 2003)

   Bericht von Ruth Hoffmann
   in der Rheinischen Post/BM am 5.2.2004


zum Buch....
Im Auftrag des Stadtrates erarbeitete der Historiker Dr. Florian Speer eine ausführliche Dokumentation unter dem Titel "Ausländer im ‚Arbeitseinsatz' in Wuppertal" zur Situation von zivilen Arbeitskräften, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg in Wuppertal.
Grob gliedert sich die Arbeit auf knapp 650 Seiten in drei Teile: Ein ausführlicher allgemeiner Teil macht mit den Bestimmungen und der Struktur der Zwangsarbeit vertraut und verdeutlicht ihre Einbettung in den NS-Staat.
Der zweite Teil schildert die Situation der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen bei den unterschiedlichsten Wuppertaler Einsatzstellen: bei der Stadtverwaltung und im Einsatz für Behörden, in privatwirtschaftlichen Industrie- und Gewerbebetrieben, in der Landwirtschaft und in Haushalten sowie in sozialen Einrichtungen. Schwerpunkt innerhalb der Arbeit bilden die meistbenachteiligten Polen und Ostarbeiter; letztere stellten auch in Wuppertal die größte Gruppe. Auf besondere Aspekte und Lebensumstände in Wuppertal wird in den Abschnitten zur Versorgung, zur Verfolgung wie auch zu Geburten und Todesfällen hingewiesen.
Der dritte Teil ist ein umfangreicher Katalogteil. Hier finden sich zum einen die bislang bekannt gewordenen Beschäftigungsbetriebe und -behörden, dann nach Straßennamen geordnet Lager und Unterkünfte.
Ergänzend werden Wuppertaler Rüstungsfirmen des Ersten und Zweiten Weltkriegs mit ihren Produkten gelistet. Eine kurze Demontageliste sowie ein Dokumentenanhang beschließen die Arbeit.

Herangezogen wurden für diese Arbeit in- und ausländische Quellen, hinzu kommen Berichte von Zeitzeugen, die damals als Zwangsarbeiter in Wuppertal waren wie auch solche, die als Bürger der Stadt diese Zeit erlebten.
Der Verfasser belegt, daß einschließlich der Kriegsgefangenen in Wuppertal während des Krieges zwischen 20.000 und 25.000 Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Diese Zahl enthält ebenfalls die freiwillig hier arbeitenden Personen wie auch die in Wuppertal Verstorbenen, deren Zahl zwischen 1.100 und 1.200 Toten beträgt. Nach Berechnung des Autors scheint eine Summe von insgesamt 2.300 - 2.500 ausländischen Arbeitskräften, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen allein in der Verfügungsgewalt der Stadtverwaltung als realistisch, eher sogar noch als zu niedrig angesetzt.
Der Verfasser beschränkt sich nicht nur auf die Darstellung von speziellen Leidensituationen, sondern versucht gleichzeitig die Zwangsarbeit in ihrem jeweiligen Umfeld und im Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung zu zeigen. Gerade der Einfluß des Nationalsozialismus auf die gewerbliche Wirtschaft ist für Wuppertal bislang in keiner Untersuchung gewürdigt worden. Soweit das in diesem Rahmen möglich war, wurde darauf eingegangen.
Ausführlich schildert der Autor den Einsatz bei der Stadtverwaltung, bei der zunächst vornehmlich Kriegsgefangene eingesetzt waren. Er verweist darauf, daß die beiden großen, kurz hintereinander erfolgten Bombenangriffe auf Barmen und Elberfeld eine wichtige Zäsur für den Einsatz von Zwangsarbeitern bilden. In den darauffolgenden Monaten des Herbstes 1943 wurden in größeren Zahlen zivile sowjetische Zwangsarbeiter, in der Regel Jugendliche, nach Wuppertal zu Enttrümmerungs- und Aufräumarbeiten geschickt. Sie bildeten das Gros der in der Verfügungsgewalt der Stadtverwaltung befindlichen zivilen Zwangsarbeiter. Ebenfalls in Zusammenhang mit diesen Kriegszerstörungen wurden für mehr als ein halbes Jahr Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald in der Stadt eingesetzt. Aus dem gleichen Grund kamen Spezial-Bautruppen von Kriegsgefangenen nach Wuppertal.
Die besondere Rolle des Wuppertaler Arbeitsamtes einschließlich des für den gesamten NS-Gau Düsseldorf zuständigen Wuppertaler Durchgangslagers am Giebel wird in dieser Arbeit herausgestellt.
Der Verfasser hebt hervor, daß es für die zivilen Zwangsarbeiter kaum einen "status quo" gab, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Betroffenen änderten sich ständig; teilweise sogar mehrmals innerhalb eines Jahres. Alles das, was sich allgemein über die Zwangsarbeit in Deutschland in Erfahrung bringen läßt, spiegelt sich in eben dieser Weise - das heißt, in der gesamten Breite - auch in Wuppertal wider. Neben Situationen mit - relativ gesehen - guten Verhältnissen finden sich auch in Wuppertal zu Hauf schlechte und schlechteste Arbeits- und Lebensbedingungen. Ein wesentliches Merkmal, das besonders für einen überwiegenden Teil der damaligen ‚Ostarbeiter' zu gelten hat, war eine dauernde Unterernährung und ein jahrelang latent vorhandener Hunger. Deutlich wird die Beschwernis des Lagerlebens herausgestellt: selbst einfachste Verrichtungen - wie das Waschen von Wäsche oder das Versorgen von Alltagsverletzungen - wuchsen zu Riesenproblemen an und wurden mangels geeigneter Möglichkeiten zu kaum lösbaren Aufgaben. Je nach Lagersituation führte die individuelle Fähigkeit der Betroffenen mit dieser Leidenssituation fertig zu werden, bei einem großen Teil der Lagerbewohner zu Resignation und Apathie, rief bei einigen auch eine ganz reale Todessehnsucht wach. Andere wiederum entwickelten Widerstand, der häufig mit brutaler Gewalt gebrochen wurde. Dritten gelang es, sich der jeweiligen Situation anzupassen.
Neben den bisher für das Bergische Land bekannten Massentötungen (Wenzelnbergschlucht und Burgholz) gab es auch Einzelhinrichtungen von Zwangsarbeitern. Auch hierzu finden sich in der Arbeit Aspekte; vieles wird jedoch auf Grund der damals betriebenen Verschleierungstaktik letztlich unbekannt bleiben.
Für die Zeit von Januar 1944 bis Mitte 1945 wertete der Autor die standesamtlichen Unterlagen aus und kann dadurch Hintergrundinformationen zu den hier erfolgten Geburten und Sterbefällen geben. Festgestellt werden konnte auch, daß es die aus den Medien bekannte Form der Säuglingstötung durch gezielte Vernachlässigung vermutlich auch in Wuppertal gegeben hat; an wiederum anderen Stellen wurden Säuglinge hingegen - immer relativ unter den gegebenen Umständen gesehen - gut versorgt.
Gegen Kriegsende wurden mit Hilfe der Organisation Todt für einzelne besonders wichtige Rüstungsbetriebe große Anstrengungen unternommen, die Produktion in unterirdische Produktionsstätten zu verlagern, was für Zwangarbeiter oftmals eine weitere Härte bedeutete. Auch dafür lassen sich verschiedene Beispiele in Wuppertal finden.
Die Arbeit wird verdeutlicht durch Fotos, Tabellen und Diagramme. Sie enthält etliche Grundrisse verschiedener Zwangsarbeiterlager.